SCHICHT und GLEITZEIT verbinden?
Eine „unmögliche“ Kombination oder ein Win-Win-Modell – wenn man es klug angeht…!
10 März, 2021 durch
XIMES GmbH, Arlinghaus


Gründe für und gegen Schicht und Gleitzeit in den Betrieben

Nicht selten treffen in Fragen der Arbeitszeitgestaltung unterschiedliche Interessen aufeinander. Betriebliche Anforderungen, erweiterte Betriebs- und Öffnungszeiten und die Herausforderungen, für Kunden und Kollegen auch in Zeitlagen außerhalb der „klassischen Tagesarbeitszeit“ (häufig im Zeitraum Mo – Fr 8:00 – 18:00 Uhr) zur Verfügung zu stehen, sind für viele Beschäftigte in nahezu allen Wirtschaftsbereichen eine erlebte Realität. Andererseits sehen sich Unternehmen immer häufiger mit dem deutlichen Wunsch ihrer Mitarbeitenden nach mehr Gestaltungsfreiräumen bei der Arbeitszeit – mit dem Ziel eine bessere Work-Life-Balance zu erreichen – konfrontiert. Auch in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit gibt es in manchen Berufszweigen nach wie vor nicht wenige Sektoren des Arbeitsmarktes, in denen qualifiziertes Personal Mangelware ist. In manchen Unternehmen wird das Fehlen mancher Qualifikationen zu einer echten Wachstumsbehinderung. Kann da eine sinnvolle Kombination von Schichtarbeit und Gleitzeit helfen?

Eine kurze Umfrage...

Abbildung 1 zeigt das Ergebnis einer Befragung, die wir im Rahmen eines Vortrages zum Thema Schicht und Gleitzeit durchgeführt haben. Die Teilnehmenden kamen aus Österreich und Deutschland und arbeiteten in unterschiedlichen Branchen, hauptsächlich aus HR-Bereich, Geschäftsführung oder Personalvertretung. Auf die Frage, welche Gründe bei der Überlegung, Schicht und Gleitzeit zu kombinieren, als wichtig erachtet würden, antworteten 72 Personen. Für die Mehrheit scheinen Gründe der Arbeitgeberattraktivität sowie Gestaltungsmöglichkeiten für Mitarbeitende eine wichtige Rolle zu spielen:



Abb. 1 Ergebnis der Befragung zu Motivation und Gründen, die für eine Kombination von Schicht und Gleitzeit sprechen (N=72).

Aber kann es gelingen, zwei Zeitmodelle, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten, so zu verbinden, dass alle etwas davon haben? In derselben Umfrage stellten wir auch die Frage, welche Gründe bisher bei einer Kombination von Schicht und Gleitzeit im Wege standen. Insbesondere die komplex wirkende Umsetzung und rechtliche Grundlagen standen aus Sicht der Befragten einer Kombination von Gleitzeit und Schichtarbeit entgegen (Abb. 2).





Abb. 2 Ergebnis der Befragung zu Gründen, die einer Kombination von Schicht und Gleitzeit im Wege stehen (N=64).


Gleitzeit in die Schicht oder Schicht in die Gleitzeit bringen?

Welche Ausgangslage liegt vor?

Versucht man in einen laufenden Schichtbetrieb Gleitzeitelemente einzubauen, um den Beschäftigten mehr Eigenverantwortung und konkrete Gestaltungsfreiräume zu übertragen oder ist man aufgrund betrieblicher Anforderungen gezwungen, ein bestehendes und gut akzeptiertes Gleitzeitsystem nach betrieblichen Erfordernissen in Zeitlagen zu lenken, die vom üblichen Gleitzeitverhalten abweichen (also zB in die Abend- oder Nachtstunden)? Auf einen kurzen Nenner gebracht: Gleitzeit in die Schicht oder Schicht in die Gleitzeit bringen.

Hier ein paar Grundgedanken:

Gleitzeit in die Schicht einzubauen kann zB sehr gut gelingen, indem...

  • Gleitzeitrahmen so vereinbart werden, dass sie dem Schichtrhythmus folgen können,

  • Beginn- und Endzeiten im Rahmen des Arbeitsprozesses von den Beschäftigten bestimmt werden können, ohne dass dadurch betriebliche Abläufe behindert werden,

  • unterschiedliche und variierende Längen eines Arbeitstages, Gutstundenaufbau und Zeitausgleich so funktionieren können, dass dadurch keine kritische Unterbesetzung an Maschinen und Anlagen eintreten kann, oder die Betreuung von Kunden nicht mehr in vollem Umfang gewährleistet ist.

Das erfordert eine klare Sicht auf die betrieblichen Abläufe und die dafür erforderlichen Mindestkapazitäten. Das Konzept der Mindestbesetzungsstärken kann an der Stelle helfen zu verstehen, mit wie wenig Personal der Betrieb für einen begrenzten Zeitraum aufrechterhalten werden kann. Der Unterschied zwischen „Mindestbesetzung“ und „Normalkapazität“ ist in der Regel ein sehr guter Indikator für die realen Gleitzeitmöglichkeiten, die man in einem Modell anbieten kann. 

Schicht (oder zumindest schichtartige Arbeitsweisen) in die Gleitzeit einzubringen stellt sich in der Praxis zumeist als ungleich schwieriger heraus, weil man hier in der Notwendigkeit ist, bestehende und in der Regel geschätzte Gestaltungsfreiräume einzuschränken und die gelebten Arbeitszeiten nach betrieblichen Erfordernissen in bestimmte Zeitlagen zu lenken. Auch das erfordert ein gutes Verständnis für und eine offene Kommunikation über die unvermeidbaren geschäftlichen Notwendigkeiten. Und auch hier geht es wiederum darum, klar herauszuarbeiten, welche Ressourcen wirklich mindestens erforderlich sind.

Mitunter helfen Funktionszeiten, also klar definierte Zeitfenster innerhalb des Gleitzeitrahmens, in denen eine bestimmte Personalstärke gesichert werden muss. Wenn das gut verstanden ist, dann schaffen es viele Teams, diese Funktionszeiten innerhalb des Teams so zu verteilen, dass sich alle daran beteiligen und niemand dadurch überlastet wird. Die jeweilige Führungskraft greift nur dann in den Planungsprozess ein, wenn das Team ohne Unterstützung keine vernünftige Aufteilung zustande bringen sollte. Derartige Modelle funktionieren vor allem in kleineren Gruppen sehr gut und brauchen dann in der Folge auch wenig Steuerung. Typische Anwendungsbereiche sind alle Supportgruppen, die zB in Produktionsbetrieben zur Unterstützung der Fertigung nötig sind (Instandhaltung, Qualität, Lager, …).

3 Schritte zu funktionierenden Lösungen 

Der Weg zu funktionierenden Lösungen führt nach den Erkenntnissen der erfahrenen XIMES-Berater über 3 große Planungsschritte:

  1. Umfassende Analyse der betrieblichen Anforderungen: Wie sehen die konkreten Wertschöpfungsprozesse und Kapazitätsanforderung wirklich aus? Was ist fix und was ist veränderbar? Welche kritischen Untergrenzen kann es geben und welche Risken können aus einer allfälligen (wenn auch nur vorübergehenden) Unterbesetzung entstehen? Nur klare Antworten auf diese Fragen schaffen eine Grundlage für ein funktionierendes Modell.

  2. Festlegen des realen Gestaltungsfreiraumes für die Beschäftigten: Welche Gleitzeitrahmen sind darstellbar, wie sehen die konkreten Freiräume aus, die man wirklich an die Mitarbeitenden delegieren kann und will? Welche Instrumente sollen helfen, das tatsächliche Gleitzeitverhalten in jene Bahnen zu lenken, die betrieblich Sinn ergeben und auch für die Betroffenen attraktiv sind? Nur wenn ein Gestaltungraum ausreichende Freiheitsgrade erfüllt, kann man auch ehrlicherweise von einem „echten“ Gleitzeitsystem sprechen. Das ist auch aus rechtlicher Sicht erforderlich, um das Regelwerk in Einklang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften zu bringen.

  3. Unternehmenskultur und Führungsverhalten sind kritische Erfolgsfaktoren: Selbst wenn man die Planungsschritte 1 und 2 gut abgearbeitet hat, kann eine Kombination von Schicht und Gleitzeit immer noch scheitern. Keinesfalls unterschätzen darf man an der Stelle den Einfluss der direkten Führungskräfte auf die nachhaltige Umsetzung. Das Modell kann noch so fein aufbereitet sein, Vorgesetzte, die mit der Idee der delegierten Arbeitszeitgestaltung nicht leicht umgehen können und einen Kontrollverlust befürchten, werden immer einen Weg finden, um das allerbeste Modell zu unterlaufen und durch ständige Interventionen zum Kippen zu bringen. Bevor man also wirklich losstartet, muss man sich selbstkritisch die Frage stellen, wie viel Freiraum die Führungskultur eigentlich unterstützen oder zumindest ertragen kann.


Material zum Thema

Viele dieser Fragen und Aspekte und auch einige konkrete praktische Beispiele wurden in unserem XIMES Kundendialog am 4.3.2021 bearbeitet und mit mehr als 120 interessierten TeilnehmerInnen aus Deutschland und Österreich geteilt. Corona-bedingt wurde die Veranstaltung als Webmeeting abgehalten, was jedoch einer interessanten Diskussion keinen Abbruch tat und allen, die sich die Zeit nehmen konnten, viele wertvolle Inputs in die Thematik vermitteln konnte.

Wer keine Gelegenheit zur Teilnahme hatte, ist herzlich eingeladen, sich die Unterlagen des Meetings unter folgendem Link anzusehen:

XIMES Kundendialog "Gleitzeit und Schicht" (PDF)

Für Fragen rund um Gleitzeit und Schicht steht das XIMES BeraterInnenteam natürlich gern zur Verfügung. Wir unterstützen Sie bei der Analyse der Ausgangsbedingungen, mit Möglichkeiten zur Gestaltung bis hin zur Punktuation einer Betriebsvereinbarung!

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XIMES GmbH, Arlinghaus 10 März, 2021
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