Sind 30 Stunden genug?

Effekte einer Arbeitszeitverkürzung auf Gesundheit, Sozialleben und Produktivität
12. November 2019 durch
XIMES GmbH, Arlinghaus


Ein mutiger Schritt

Bei der Firma eMagnetix, einer Online-Marketing Firma in Österreich (www.emagnetix.at), wurde die wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 auf 30 Std. verkürzt. Der Umstieg erfolgte schrittweise zunächst auf eine 34-Std.-Woche ab Juni und auf die 30-Std.-Woche ab Oktober 2018. Betroffen waren ca. 25 MitarbeiterInnen in Gleitzeit mit Kernzeit. Ziele der Arbeitszeitverkürzung waren, die Attraktivität von eMagnetix als Arbeitgeber zu verbessern und die Work-Life-Balance der Beschäftigten zu erhöhen. Die Arbeitszeitverkürzung erfolgte ohne Reduktion des Entgelts.


Evaluierung der Arbeitszeitverkürzung durch XIMES 

Aus ersten Studien ist bekannt, dass kürzere Arbeitszeiten mit verbesserter Gesundheit, längerem Schlaf und erhöhtem Wohlbefinden verbunden sein können. Über die Auswirkungen einer Arbeitszeitreduktion auf die tatsächliche Arbeitszeit, Tätigkeiten und Pausen ist jedoch bisher wenig bekannt.


Folgende Fragestellungen sollten daher in einer Evaluierungsstudie, gefördert durch die Arbeiterkammer Wien, beantwortet werden:

  1. Wie verändern sich die tatsächlichen Arbeitszeiten und Pausen durch die Arbeitszeitreduktion? 

  2. Wie verändern sich die Tätigkeiten (z.B. Telefonieren)?

  3. Wie wirkt sich die reduzierte Arbeitszeit aus Sicht von Beschäftigten und Führungskräften aus?

    • Work-Life-Balance

    • Gesundheit

    • Zufriedenheit

    • Produktivität / Leistung 

    • KundInnenzufriedenheit


Die kürzeren Arbeitszeiten lassen sich umsetzen

Zur Beantwortung dieser Fragen wurden die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten und Anrufe ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Arbeitszeiten tatsächlich verkürzt haben. Bei weitgehend stabilem Arbeitsanfang am Morgen liegt das Arbeitsende an allen Wochentagen nun deutlich früher (zw. 14-16 Uhr, Freitags zw. 11-13 Uhr) als vor der Umstellung (16-17 Uhr, Freitags zw. 12 -14 Uhr). 

Das Pausenverhalten hat sich dagegen nur wenig geändert: Fast alle MA machen weiterhin eine Mittagspause, die durchschnittliche Pausenlänge pro Tag ist fast identisch geblieben. Einzig die kurze Nachmittagspause fällt nun weg. 

Das Telefonverhalten hat sich ebenfalls leicht verändert: Freitags wird nun etwas früher aufgehört als vorher, die Erreichbarkeit (Anteil angenommener Anrufe) hat sich leicht verbessert.



Große Zufriedenheit bei Geschäftsführung und MitarbeiterInnen

Zusätzlich wurden ein Jahr nach der Umstellung eine Online-Befragung der Beschäftigten und ein Fokusgruppeninterview zu den Themenfeldern Work-Life-Balance, Freizeitgestaltung und Ermüdung/Erschöpfung durchgeführt. Zusätzlich fand ein Interview mit der Geschäftsführung und einer Führungskraft aus dem Projektmanagement statt.

In der Befragung und den Interviews zeigten sich eine sehr hohe Zufriedenheit mit der Arbeitszeit, Verbesserungen bei der Work-Life-Balance (siehe Abbildung) und deutlich mehr Zeit für Familie, Freunde, Hobbies, aber auch gesunde Ernährung, Sport und Schlaf/Erholung. Durch eine umfassende Analyse von „Zeitfressern“ in der Arbeit konnten viele Arbeitsabläufe effizienter gestaltet werden, wodurch insgesamt die Produktivität aber auch die Zufriedenheit mit der Arbeitsweise gestiegen ist. Durch die Attraktivität der 30-Stunden-Woche bei gleichem Entgelt wurde eine deutliche Verbesserung der Bewerberlage am Markt erzielt und es konnte hoch qualifiziertes Personal aufgebaut werden.



Ergebnisse der Befragung nach einem Jahr:
Die MitarbeiterInnen sehen deutliche Vorteile der 30-Stunden-Woche für Vereinbarkeit, Gesundheit und Zufriedenheit

Wie kann eine Arbeitszeitverkürzung gelingen?

Die Ergebnisse der Evaluation zeigen also, dass eine Arbeitszeitreduktion in der Umsetzung gelingen kann. Wichtige Faktoren sind hierbei die gute Vorbereitung der Umstellung und ein Change Management Prozess, der die Beschäftigten mit einbezieht. 

In der Praxis veränderte sich vor allem die effizientere Organisation, das frühere tägliche Arbeitsende und die Freizeitgestaltung der Beschäftigten. Die wichtige soziale Funktion der gemeinsamen Mittagspause wird bestätigt: Obwohl es bei einem 6-Stunden-Tag nicht notwendig wäre, nehmen fast alle Beschäftigten weiterhin an gemeinsamen Pausen teil. 


Fazit

  • Die tatsächlichen Arbeitszeiten haben sich verkürzt, insbesondere die Tageslänge

  • Pausen werden aus sozialen Gründen weiterhin genommen

  • Die Arbeitszeitverkürzung hat sich sehr positiv auf die Zufriedenheit, Motivation und Work-Life-Balance der Beschäftigten ausgewirkt

  • Aufgaben können ohne zu hohe Belastung / Ermüdung weiterhin erledigt werden

  • Effizientere Arbeitsweise und Organisation haben maßgeblich dazu beigetragen 

  • Analyse und Eliminierung von „Zeitfressern“ war hilfreich

  • Großer Zugewinn an qualifiziertem Personal und Wachstum

  • Qualitätssteigerung im Portfolio und insbesondere in der Kundenbetreuung

  • Neue MitarbeiterInnen müssen „abgeholt werden“ um die Umstellung zu erleichtern


Hier gibt es die Ergebnisse in der Übersicht von eMagnetix.

Ergebnispräsentation von XIMES auf dem 7. Symposium der Arbeitszeitgesellschaft, 11.10.2019 in Wien zum Download:


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XIMES GmbH, Arlinghaus 12. November 2019
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